Die unvorbereitete Weltmacht中国:一个缺乏全球化准备的世界大国

Von Fei Minxin 裴敏欣 (Professor am Department of Government des Claremont McKenna College, USA). Originalartikel: ftchinese.com.

Übersetzung:

China: eine Weltmacht, die für die Globalisierung nicht gerüstet ist

Chinas rapides Wirtschaftswachstum hat das Land während der gut 30 Jahre seit Reform und Öffnung bereits zu einer echten Weltmacht werden lassen. In Chinas Aufstiegsstory ist folgendes Phänomen auszumachen: China ist zweifellos einer der großen Gewinner der nach dem Kalten Krieg erfolgten Globalisierung. Gleichzeitig aber ist China eine Weltmacht, die nur sehr ungenügend auf die Globalisierung vorbereitet ist.

Die Aussage, wonach China einer der größten Gewinner der Globalisierung ist, wird wohl von jedermann akzeptiert werden. Der wichtigste Grund ist, dass die Globalisierung für Chinas wirtschaftliches Abheben eine wertvolle Chance schuf, indem sie China ermöglichte, durch den Vorteil seiner billigen Arbeitskraft schnell die Weltbank der Welt zu werden. Ohne die Globalisierung wäre Chinas wirtschaftlicher Aufstieg nicht so schnell möglich gewesen.

Dagegen mag die These, China sei nicht ausreichend auf die Globalisierung vorbereitet, Widerspruch hervorrufen. Wir können jedoch Chinas Anpassungsfähigkeit an die Globalisierung anhand einiger Aspekte beurteilen. Im Großen und Ganzen muss eine Großmacht im internationalen Umfeld der Globalisierung auf politischem, wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet konkurrenzfähig sein und im Besitz einer außenpolitischen Philosophie und eines außenpolitischen Wertesystems sein, die „mit der Zeit gehen“. Sie muss starke private multinationale Unternehmen haben und über hochkarätige Talente mit kosmopolitischer Perspektive verfügen.

Gemessen an diesen drei Indikatoren erscheint Chinas Anpassungsfähigkeit an die Globalisierung als deutlich unzureichend.
Erstens: China besitzt keine neue, der Globalisierung gerecht werdende außenpolitische Philosophie, und nicht die dieser Philosophie dienenden Strategien und politischen Linien. Lange Zeit war Chinas außenpolitische Philosophie der „Realismus“. Diese Einstellung sieht die Welt als ein Schlachtfeld, auf dem die Großmächte miteinander um Hegemonie und Einfluß konkurrieren. In ihr genießt die Souveränität und Sicherheit des Staates den höchsten Wert, Militär und Wirtschaftskraft werden als die einzigen Garanten der Sicherheit des Landes angesehen. Die von dieser außenpolitischen Philosophie abgeleitete Strategie war das sogenannte „sein Licht unter den Scheffel stellen und den rechten Augenblick abwarten“. Das heißt, China gibt sich solange unauffällig, wie seine Wirtschaftskraft es noch nicht mit anderen Großmächten aufnehmen kann.

In den letzten 30 Jahren war dies eine äußerst wirksame Strategie. Sie verhinderte einen Konflikt Chinas mit dem Westen (besonders den USA), außerdem brachte sie China kostenlos in den Genuss der vom Westen bereitgestellten Kollektivgüter der Globalisierung (wie freier Handel, maritime Sicherheit und die verschiedenen internationalen Regeln), und Chinas Wirtschaft konnte sich dadurch schnell entwickeln. Jetzt ist diese Strategie veraltet. „Sein Licht unter den Scheffel stellen und den rechten Augenblick abwarten“ – dagegen war zu Zeiten, als Chinas Wirtschaftsinteressen sich noch nicht in den letzten Winkel der Welt erstreckten, nichts einzuwenden. Doch heute ist diese Strategie ganz offensichtlich nicht mehr in der Lage, Chinas Interessen zu wahren.

Genauer gesagt: da die Globalisierung an sich das Produkt des internationalen Liberalismus ist (eine Philosophie, die von Dingen wie freiem Handel, Internationalismus und internationaler Ordnung verkörpert wird), tun sich Länder, deren außenpolitische Maxime der Realismus ist, sehr schwer dabei, sich der Globalisierung anzupassen (für die USA stellt dies allerdings kein Problem dar, da in ihrer außenpolitischen Strategie sowohl internationaler Liberalismus als auch Realismus zum Tragen kommen).

Chinas diplomatische Strategie des Realismus führt dazu, dass das Land in der globalisierten Welt von Tag zu Tag mehr in Verlegenheit gerät. In vielen global relevanten politischen Fragen (wie zum Beispiel Klimawandel, freier Handel, Nichtverbreitung von Atomwaffen etc.) geht es China nur um seine engen nationalen Interessen. Diese Position isoliert China nicht nur auf vielen internationalen Schauplätzen, sondern wird letztlich Chinas nationalen Interessen schaden. Da die Fähigkeit der westlichen Länder zur Bereitstellung internationaler Kollektivgüter abnimmt, hat die derzeitige Weltordnung keine Möglichkeit, einen Mammut-„Trittbrettfahrer“ wie China aufzunehmen. Wenn China für die Globalisierung keine Kollektivgüter bereitstellt, wird diese nicht mehr nachhaltig sein. Und China würde die enormen Vorteile aus der Globalisierung verlieren. Deshalb muss China “seine Gedanken befreien” und eine neue internationale Sicht entwickeln.

China muss außerdem über private Multis verfügen, wenn es in der globalisierten Weltwirtschaft wettbewerbsfähig sein will. Die Multis sind die Vorreiter und die treibende Kraft der Globalisierung. China fehlen jedoch genau solche Firmen. Von Lenovo und Huawei abgesehen, gibt es in China kein großes multinationales Privatunternehmen. Hauptsächlich verantwortlich für diesen Zustand ist die staatliche Wirtschaftspolitik des „Guo jin min tui“ (Vordringen des Staates bzw. der Staatsunternehmen bei gleichzeitigem Rückzug des Privatsektors). Pekings Beschränkung und Diskriminierung der Privatunternehmen hat deren Größerwerden verhindert. Chinas große Staatsfirmen, die “in die Welt hinausgehen” können, sind allesamt ressourcenorientiert, und ihr Geschäftsgebaren stößt in der Regel im Ausland nicht auf Sympathie.

Erstens erhalten sie die verschiedensten Subventionen der chinesischen Regierung und werden deshalb des unlauteren Wettbewerbs verdächtigt. Zweitens haben ihre Investitionsbereiche durchweg mit der Sicherheit Chinas zu tun, weshalb ihnen Nebenabsichten nachgesagt werden. In den letzten zwanzig Jahren sind China keineswegs wegen des Mangels an privaten multinationalen Unternehmen Chancen der Globalisierung entgangen. Grund war, dass China in der Globalisierung eine verhältnismäßig niedrigrangige Rolle gespielt hat, es hat sich ausschließlich mit outgesourcter, arbeitsintensiver Verarbeitung beschäftigt, deren Wertschöpfung besonders niedrig ist. Die entscheidenden Funktionen wie Forschung und Entwicklung, Markterschließung und Markenbildung liegen bei den multinationalen Unternehmen aus den USA, Europa, Japan und Südkorea. Vereinfacht ausgedrückt war China Taglöhner dieser internationalen Firmen.

Und zuletzt muss eine Großmacht, die die Globalisierung meistern will, über viele hochkarätige Spitzenleute mit kosmopolitischer Perspektive verfügen. Das ist genau das Personal, das China derzeit fehlt. Neben der Sprachbarriere gibt es dafür viele Gründe. Die internationale Sichtweise der chinesischen Elite wird sehr stark durch nationalistische Engstirnigkeit beeinträchtigt. Dem veralteten, korrupten, unfähigen und ineffizienten Hochschulsystem fehlt die Fähigkeit zur Heranbildung solcher Talente (momentan füllen hier nur die Rückkehrer aus dem Ausland einige Lücken). Die von der KPCh ausgeübte strenge Kontrolle der Hochschulbildung und der Sozialwissenschaften bewirkt, dass Chinas Forschung zu internationalen Fragen weiterhin auf einem niedrigen Niveau verharrt. Wenn dieser Zustand anhält, wird China nicht die Fähigkeit haben, genügend und in jedem Bereich „vorzeigbare“ hochkarätige Talente heranzubilden.

Um diese Situation von Grund auf zu ändern braucht es Zeit. Die entscheidende Frage ist jedoch, dass Chinas politisches System geändert werden muss. Der wesentliche Klotz am Bein der Globalisierung Chinas ist die Abschottung und Autokratie seines politischen Systems. Solange dieser Grundfaktor weiterbesteht, kann sich Chinas Anpassungsfähigkeit an die Globalisierung nicht weiterentwickeln.